Farbpsychologie Eine Entscheidungshilfe bei der Farbwahl Von Falco Mille Einen Custom Rahmen zu bestellen, ist im Prinzip ganz einfach. Du hast den Katalog studiert, die technischen Daten, Diskussionen in Foren verfolgt und hast das Objekt deiner Begierde beim letzten Test-Event bereits im Bikepark über den Track jagen können. Du hast dir alles genau überlegt. Du weißt was du willst. Du kennst alle Optionen und Features, hast jedes Detail genau abgewägt. Die Sache steht. Jetzt wäre es an der Zeit, die Bestellung zu deckeln. Modell, Rahmengröße, Steuerrohrstandard, die Farben für Hauptrahmen und Heck, Hinterachs-Standard, Dämpfer, Schaltungsoption, und so weiter. Du machst deine Häkchen. Fertig ist die Bestellung. Zur Sicherheit liest Du noch mal kurz drüber. Stimmt alles. Oder? Bei den Farben für Hauptrahmen und Heck bleibt Dein Blick hängen. Pastellblau und weiß. Genau so. Lange genug hast du dir darüber den Kopf zerbrochen. Dein Zwiegespräch war längst ausgestanden. Aber jetzt, wo die Sache konkret wird, ist sie wieder da. Deine innere Stimme, die dir stetig neue Farbkombinationen zuflüstert. Pastelltürkis und weiß, himmelblau und weiß, fernblau und elfenbein, stahlblau und lichtblau, oder vielleicht gar kein Blau, warum nicht auch etwas ganz anderes? Was ist überhaupt Farbe? Prinzipiell unterscheiden wir zwischen Lichtfarben und Körperfarben. Die Abendsonne flutet den Himmel über dem Meer mit rotem Licht. Die Maiwiese wogt in sattem Grün. Bei der Farbe eines Bike- Rahmens handelt es sich folglich um eine Körperfarbe. Die Physik kennt hier drei Primärfarben: Gelb, Cyan und Magenta. Bei Körperfarben wird die spektrale Leistungsverteilung des Lichts beim Durchdringen eines Filtermediums in den relevanten Wellenlängenbereichen um einen Faktor zwischen 0 und 1 verkleinert. Man spricht von subtraktiver Farbmischung, obwohl das Ergebnis eigentlich multiplikativ ist. Die Summe aller Körperfarben ist demnach schwarz. Du dachtest immer, schwarz sei keine Farbe? In der subtraktiven Farbmischung ist schwarz ist der Boss aller Farben. Also kannst du sie getrost in die große Familie der Farboptionen deines Rahmens mit aufnehmen. Pastellblauer Hauptrahmen, schwarzes Heck? Hmm, warum eigentlich nicht? Da kommt Dir einen Idee. Der Bruder eines Kumpels studiert doch Design. Der muss sich mit Farben auskennen. Wenn nicht der, wer dann? Du greifst zum Hörer, rufst ihn an und schilderst ihm dein Dilemma. Er hört Dir geduldig zu. Nachdem du geendet hast, schweigt er einen Moment bedeutungsvoll, bevor er dir erklärt: „Objektiv gesehen gibt es überhaupt keine Farben. Es gibt nur Farbigsehen, und das ist ein Ergebnis deiner Nerventätigkeit. Farben sind nichts weiter, als ein Konstrukt deines Gehirns. Die Rezeptoren deiner Netzhaut wandeln elektromagnetische Strahlung in einem bestimmten Wellenbereich in elektrische Impulse um und leiteten diese an dein Gehirn weiter. Dort entsteht dann deine Vorstellung von Farbe. Ein andere Mensch oder ein Tier sehen mitunter etwas ganz Anderes, wenn sie den selben Gegenstand betrachten, wie du.“ Du bedankst dich höflich für den tollen Tip und beendest das Gespräch so schnell wie möglich. Nun, was der Designstudent da eben gesagt hat, war im Prinzip richtig, allerdings hat er vermutlich nur flüchtig angelesenes Halbwissen zitiert und die Sache nicht zu Ende gedacht. Das Gehirn ist schon der richtige Ansatz gewesen, denndortbildenwirunsereAssoziationen.Ausschlaggebend für unser Farbempfinden ist, was wir mit einer bestimmten Farbe oder Farbkombination verbinden. Der fragwürdige Lüscher-Test zum Beispiel, lässt dich eine Anzahl von Farbkarten deinen Vorlieben entsprechend anordnen, um Dir dann einen guten oder schlechten Charakter, den Wunsch nach Kindern oder homosexuelle Ambitionen zu bescheinigen. Viele halten das für Unfug, aber Tatsache ist: Du nimmst Farben oder Farbkombinationen immer in ihrem Zusammenhang oder in ihrer Bedeutung war. Dieser Zusammenhang kann einem großen Konsens oder deinem ganz persönlichem Empfinden entsprechen. Vielleicht hilft dir dieser Ansatz weiter. Braun-weiß ist St. Pauli. Grün und blau schmückt die Sau. Neonfarben sind Achtziger, orange und braun die Siebziger. Rot ist Ferrari, schnell und aggressiv. Silber der nicht minder schnelle Silberpfeil. Dunkelblau ist seriös. Beige matt ist der Desert Storm, lila der Friedensbewegte. Pink ist Paulchen Panther, aber auch die Telekom. Blau und weiß der Schlaubi Schlumpf. Nimm noch das Dekor dazu: Blau-weiß-rot ist Captain America, grün-weiß-rot das Dolomiti Eis. Kommst Du der Sache näher? 16,7 Millionen Farben sind erforderlich, um beim Anblick eines Fotos den Eindruck einer realistischen Abbildung zu erzeugen. Die RAL Classic Palette der Beschichtungsfarben hat lediglich 420 Farben. 2 davon für Deinen Rahmen. Bitte wähle jetzt.

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